OHNE TITEL
Es ist doch immer wieder schmerzhaft. Das klingt pathetisch und das ist es auch. Aber das macht es nicht leichter.
Dass Menschen, vor der Furcht nicht mehr zu lieben, sagen, nie geliebt zu haben. Oder vielleicht wirklich merken, dass sie nie geliebt haben. Dass aus "je t'aime" ein 'ich hab dich nie geliebt' wird. Weil der Stolz oder was auch immer schneller läuft als die Einsicht.
Anna hat einen Löwen verloren.
Und der Löwe brüllte, dass es ihn für Anna nie gab. Dass er nie Annas Löwe war und sie nie Teil seines Zoos. Dass er sie nicht in ihrem Leben haben will, weil sie ihm nicht mehr zusehen kann, wie er Gazellen seine Kunststückchen vorführt und Anna dazu aus dem Zoo aussperrt. So wendet sich Annas Liebe aus zwei Jahren gegen sie und wird albern. Geliebt hast du mich?, sprach der Löwe. Das war dumm von dir, denn ICH habe DICH nie geliebt, zumindest nicht mehr als alle Gazellen und Rehe und Giraffen, die sonst so im Zoo leben. Anna aber lebte nicht dort. Anna durfte zuschauen, aber nicht mittun. Das hat sie ertragen, weil sie - und nie wird sie die Dinge anders benennen, nur weil die Wirklichkeit den Namen Dummheit strafen will - den Löwen liebte. Vielleicht tat sie das bis gestern nur weniger. Ab heute wird sie sich jeden Rest von Liebe verbieten. Und wenn sie kann auch die Erinnerung daran.
Wie ein Schaf war Anna, bestätigt sich nun. Dumm war sie, naiv und was sie tat, war falsch. Nun kann Anna nur all ihre Freunde bitten - die, die sie warnten, dass ein Löwe Mädchen wie Anna reissen würde - sie nicht zu erinnern. An ihre, Annas Dummheit, die aus seinen bösen Worten spricht.
Die Dummheit, als Anna einen Löwen geliebt zu haben. Qui n'en avait rien à foutre.